Mit dem Boot geht es zurück nach Copacabana und wir genießen die Stille, die Weite und die Sonnenwärme am Dach des Bootes. Bei der Einfahrt zum Hafen ist mir beim Wegfahren schon ein bunt geschmückter Ort aufgefallen. Achim erzählt, daß an diesem Ort vor allem am Wochenende die Schamanen vorzufinden sind. Die Bolivier, wenn sie einen Wunsch haben, kaufen diesen Wunsch in Kleinformat (z.B. Spielzeugauto für ein Auto), und kommen am Wochenende, um vom Schamanen eine Zeremonie durchführen zu lassen, damit dieser Wunsch in Erfüllung geht. Den Gegenstand nehmen sie wieder mit nach Hause. Am Berggipfel über diesem Platz ist auch ein Kreuzweg, der zu Ostern sehr belebt ist.
Wir besuchen die berühmte Wallfahrtskirche Catedral de Copacabana. In dieser Kirche steht eine Madonna mit einer dunklen Hautfarbe (Virgen Morena). Diese wurde von 1576 von einem Indio genschnitzt (Franzcisco Tito Yupanoui schuf ein erster Modell, nachdem ihm eine Figur im Schlaf erschienen ist, aber die Figur wurde von der Bevölkerung nicht angenommen. Daraufhin zog er nach Potosi, um das Schnitzhandwerk zu erlernen. Mit einer neuen Figur zog er dann triumphreich nach Copacabana ein.) Die Figur der Jungfrau ist im großen Altar integriert. Wenn Messe ist, ist der kleine Vorhang aufgerollt. Wenn keine Messe ist, wird die Figur um 180 Grad gedreht und Maria blickt hinaus auf den See, darum gilt sie auch als Schutzheilige des Sees.
Wir gehen weiter Richtung Markthalle und kommen auch an
einem Comedor Popular vorbei. Das ist eine Halle, in der vor allem die
Einheimischen essen. Verschiedene kleine Kochstellen sind vorhanden und die
Frauen bieten frische Speisen an. Es gibt eine eigene Halle für Mittagessen und
eine eigene Halle für das Frühstück, die aber um diese Zeit schon wieder fast
verlassen ist. In der nächsten Halle befindet sich der hiesige Markt.
Copacabana ist auch der Namensgeber für den wahrscheinlich
viel bekannteren Strandabschnitt in Rio. Im 17 Jahrhundert war ein
Geschäftsmann in Copacabana und betete auch zur schwarzen Madonna. Auf einer
weiteren Reise geriet er in Seenot und betete zu ihr. Er überlebte das Unwetter
und fertigte als Dank eine Kopie der Virgen morena, die heute noch in einer
Kapelle in Rio besucht werden kann.
Wir gehen in ein Restaurant essen, das von einem Deutschen
geführt wird und haben dabei einen schönen Blick auf den Standabschnitt. Danach
starten wir unsere Reise nach La Paz. Wie lange die Fahrt dauern wird, ist
nicht sicher, da auf der ganzen Strecke die Straße ausgebaut wird. Aber die
Fahrt verläuft ohne größere Probleme. An der Engstelle von Tiquina (Engstelle
im Titikakasee, die Lage Mayor und Lago Menor teilt) verlassen wir das Auto und
setzen mit einem kleinen Boot über. Unser kleiner Reisewagen wird auf ein
eigenen Boot verladen und setzt so über, auch größere Reisebusse überqueren auf
diese Weise die Engstelle. Abenteuerlich, vor allem bei Wind und Seegang! Es
gibt an und für sich Pläne für eine Brücke, aber als diese publik wurden,
streikten die Fährmänner mehrere Wochen und die Infrastruktur der Gegend kam
zum Erliegen.
Nach einiger Zeit kamen wir nach Alto Plano, sozusagen die
frühere Vorstadt von La Paz. La Paz liegt in einem Talkessel und kann sich
eigentlich nicht mehr vergrößern. Aber die Vorstadt, die am Rand des Kessels
liegt, ist zwischenzeitlich zur größten wachenden Stadt von Lateinamerike
geworden. Und genauso lebhaft geht es hier zu. Da die Bolivier gerne feiern,
sieht man hier eine Besonderheit besonders. Gerne werden für Feier spezielle
Partyräume gemietet. In vielen Häusern sieht man prunkvolle erste Geschoße, die
dann vermietet werden. Bei besonders gefragten Lokations muß man sich auch
zeitgerecht anmelden. Für uns ungewohnt ist auch, daß die Bolivianer in der
Regel so lange bauen, als sie Geld haben. Wenn es ausgeht, steht der Bau still
– und dann sieht man zum Beispiel den prunkvoll ausgestalteten ersten Stock,
aber die Mauer davor fehlt. Kredite werden nicht so viele aufgenommen, da die
Zinen ca 20% und mehr betragen. Zu einer Wohnung kommt man, indem man sie
kauft, mietet oder für eine gewisse Zeit einen Betrag hinterlegt, der denn nach
einer idR zweijährigen Mietphase wieder retourniert wird.
Und wir sehen zum ersten Mal die Doppelmayr-Gondelns, die
Teile von El Alto und La Paz verbinden. Da wir es geschafft haben, halbwegs
rechtzeitig in die Stadt zu kommen, fahren wir mit 2 von 4 Linien. Die erste,
gelbe Gondelfahrt bringt uns von El Alto den Anhang nach la Paz hinunter. Der
Ausblick ist atemberaubend. Die Sonne ist gerade am untergehen, der Hausberg
ist angeleuchtet, die Stadt breitet sich vor uns aus. Es ist ein toller Blick
und wir sind froh, daß unserer Fahrer Gas gegeben hat (so weit halt möglich 😊).
Wir steigen um in die grüne Linie und kommen noch weiter tiefer, wo die Schönen
und Reichen von La Paz wohnen, und auch unser Hotel ist. Hier wird nicht viel
zum Teil nicht viel gefragt, sondern einfach gehandelt – und die Säulen der
Stützen der Seilbahn einfach montiert, wo sie hingehören – mitunter auch mitten
auf der Straße. Wir fahren auch über ein Haus, das eine Stütze in seinen Garten
montiert bekommen hat. Seit kurzem hat der Eigentümer im ganzen Haus
verspiegelte Fenster anbringen lassen – und wir reden hier vom Nobelviertel. Wir
gehen in unser Hotel, machen uns frisch und gehen in ein toller Restaurant – El
Gustu. Gerne hätten wir ein Degustationsmenü genommen und daneben eine
Extraspeise, aber die Küche läßt das nicht zu. Und so essen wir „nur“
hervorragende Vorspeisen, Hauptspeisen und Nachspeisen. Hier wird nur mit
lokalen Nahrungsmittel gearbeitet, und der Eigentümer ist der Gründer vom
weltberühmten „Norma“ in Kopenhagen. Das Norma ist zur Zeit ja geschlossen,
aber wir wissen nicht, ob es jetzt nur temporär zu ist oder für länger.
Zugleich ist auch eine soziale Komponente im Restaurant eingebunden, denn es
können benachteiligte Jugendliche sich hier für Ausbildungsplätze bewerben.
Gestärkt gehen wir zu Fuß zum Hotel zurück und schlummern
herrlich.
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